SCHLUTUP: Chronik von 1900 bis 1950 (anderen Zeitraum unten wählen!)
1902
Am 20.8. wird Schlutup nach langen Planungen und Bautätigkeiten an das Eisenbahnnetz
angeschlossen. Als Kleinbahn auf einer Nebenstrecke der Lübeck-Büchener
Eisenbahngesellschaft rollt der erste Zug aus Lübeck ein.
1903
Am 1.10. erhält der Ort ein eigenes großzügiges neues Postgebäude an der Wesloer
Straße.
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Am 14.10. wird die Braunbierbrauerei und Selterwasserfabrik F.H.H. Langloh ins
Handelsregister eingetragen (ab 1919 dann als Fischräucherei).
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Am 11.11. wird der Gemeinnützigen Vereins Schlutup e. V. gegründet:
Er wird im folgenden Jahr am 4.10.1904 ins Vereinsregister eingetragen.
Als erstes errichtet der Verein einen Kinderhort.
1904
Am 28.3. wird die Fischwarenfabrik Peter Bade mit der Schutzmarke „Meerkrone“ ins
Handelsregister eingetragen.
Nach dem 2. Weltkrieg wird der Betrieb von der Stettiner Firma Franz Witte Co. GmbH nur
noch einige Jahre weiter geführt.
1905
Die ersten privaten Haushalte werden an das Gasnetz angeschlossen und einige
Ortsstraßen erhalten eine Gasbeleuchtung. Ein kleiner Gasometer am Ortseingang an der
Schlutuper Chaussee stellt die Versorgung sicher.
Zum Jahresende werden 45 Leuchtgas-, 26 Kochgas- und 1 Kraftgasabnehmer gezählt.
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Das Vermögen der Gemeinde wird zum Jahresende mit 2212,11 Mark angegeben.
Dem gegenüber betragen die Schulden 135766,87 Mark (maßgeblich durch den Bau der
Eisenbahn verursacht).
1906
Im Ort sind 18 fischverarbeitende Betriebe ansässig. Sie beschäftigen etwa 120 Männer
und 320 Frauen. Ein größerer Betrieb verarbeitet pro Tag ca 40.000 Heringe (maximal 3000
Kisten Bücklinge und 750 Dosen Bratheringe)
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Am 28.3. wird die Landgemeinde Schlutup geteilt:
Alt Lauerhof, Wesloe, Brandenbaum und Hohenwarte bilden die neue Landgemeinde
Wesloe.
Schlutup zählt nach der Teilung 403 Haushalte mit 1712 Bewohnern.
Eine neue Gemeindeordnung tritt in Kraft.
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Am 11.5. verabschiedet die „Schlutuper Bank, eingetragene Genossenschaft mbh“ ihre
Satzung, um als Sparkasse Geld für das Gewerbe zu beschaffen. 32 Genossen sind im
Gründungsregister eingetragen, die alle Mitglied im Gemeinnützigen Verein sein mussten
(1916 erfolgte die Liquidation).
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Am 3.11. wird der Verein „Fischhalle“ ins Leben gerufen zum gemeinsamen Einkauf von
Fisch.
13 Räucherer sind Gründungsmitglieder eingetragen.
Zunächst ist der Verein gemeinnützig, ab 1925 dann als Fischhalle GmbH umgewandelt.
1907
Im April leitet der Lübecker Staat ein Enteignungsverfahren gegen 8 private Anlieger der
heutigen Fabrikstraße ein, um Areal für ein Industriegelände zu erhalten. Der Bau von
Gleisanlagen für die Uferbahn beginnt.
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Am 21.9. wird der Turn- und Sportverein Schlutup wird gegründet.
1908
Die Bürgerschaft bewilligt die Mittel für den Bau von Kaimauern in Schlutup (sie wurden
1910 fertig gestellt).
1909
Das Lübecker Adressbuch vermerkt in Schlutup 1697 Einwohner und 20 Fernsprech-
teilnehmer (meist Firmen).
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Die Fischräucherei und Konservenfabrik Hans Westphal wird gegründet, Marke
„Hawesta“.
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Im Mai wird die Chemische Fabrik „Trave“ GmbH ins Handelsregister eingetragen (geht
1911 wieder Konkurs).
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Am 18.12. wird erstmals der Betrieb einer Apotheke zugelassen. Der Travemünder
Apotheker P. Schiller betreibt in Schlutup eine Zweigstelle (1927 geht die Konzession auf F.
Büttger über, der die Apotheke bisher als Provisor Schillers geführt hat).
1910
Die Schlutuper Firmen haben die bezirklichen Absatzgrenzen überwunden und beliefern
die Konsumzentren Sachsens, Schlesiens usw.
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Ein paar Zahlen aus der Gemeinde:
24.504 Mark Vermögen, 13,57 ha Grundbesitz, 1 Wohnhaus, 1 Gasanstalt,
136.550 Mark Anleiheschulden, 3.800 Mark Armenlasten.
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Am wird 26.7. die Fischverarbeitungsfirma Carl Krellenberg am Mühlenteich gegründet.
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Am 19.11. werden der Gemeinde Mittel zum Bau eines Arrest- und Obdachlosenlokals
bewilligt.
1912
Im Fischerei-Hafen wird eine Anlegebrücke für Fischerei-Motorkutter errichtet.
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Die Stadt bewilligt 113.200 Mark für den Bau eines zweiten Schulhauses an Lübecker
Straße 68 – das alte Schulhaus ist für 380 Schüler längst zu klein geworden.
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Vergnügungsabgabe und Hundesteuer bringen der Gemeinde 2520 Mark ein.
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Die Firma M. Stern richtet eine öffentliche Fuhrwerkswaage ein.
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Der Arbeiter Turn- und Sportverein wird gegründet (1928 werden 90 Mitglieder gezählt).
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Am 3.10. wird eine Stromwandlerstation für den Anschluss an die Überlandzentrale
Lübeck in Betrieb genommen , um die Versorgung des Ortes mit elektrischen Strom sicher zu
stellen.
1913
Die Lübecker Essig- und Senffabrik, Gebrüder Buck und Wiegels GmbH wird am Palinger
Weg 5 gegründet (wird später von Carl Kühne übernommen).
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Die Holzverarbeitungsfirma Katz und Klumpp AG eröffnet ein Zweigwerk an der
Mecklenburger Straße 147 (Großfeuer 1980 und 1985).
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Am 1.4. wird Schlutup mit anderen Gemeinden zusammen in das Gebiet der Stadt Lübeck
eingemeindet.
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Das Gemeindebüro, die Ortskrankenkasse und die Invalidenversicherung befinden sich in
der Kirchstraße 15, das Standesamt und die „amtliche Geschäftsstelle“ in der Wesloer
Straße 1.
1914
Schlutup wird an das Lübecker Straßenbahnnetz angeschlossen. Vom Schlutuper Markt
führt die Strecke bis zum Kreuzweg an das weitere Liniennetz. Für die Arbeiterinnen in der
Fischindustrie stehen spezielle Waggons mit veränderter Raumaufteilung („Zeppelinwagen“)
zur Verfügung (am 15.11.1959 wird der Betrieb eingestellt).
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Die Kollision der Schlutuper Geschäftssteuer zur Verzinsung und Amortisation der
Eisenbahnanleihe mit der inzwischen allgemein erhobenen Gewerbesteuer wird durch die
Eingemeindung Schlutups und der damit bedingten Beseitigung der Geschäftssteuer (weil
Lübeck selbst die Anleihe zum Eisenbahnbau gegeben hatte) erledigt.
1915
Am Schlutuper Industriekai wird für den Import von Erzen aus Schweden eine
Erzlöschanlage eingerichtet (von 1915 bis 1918 werden fast450 Tausend Tonnen Erz
gelöscht).
1916
Am 2.11. baut die Firma Mühlenwerke Brüggen eine Siloanlage, die als kriegswichtig
eingestuft wird (nach Ende des 2.Weltkrieges diente dann der Bau einige Jahre als
Flüchtlingslager).
1917
Mehr als eine Million Personen fahren in diesem Jahr von und nach Schlutup mit der
Straßenbahn.
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20 Firmen schließen sich zur „Lübecker Fischhandelsgesellschaft“ zusammen (bis 1919).
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Etwa 10 Kriegsgefangene sind in Schlutup beschäftigt, davon 8 in der Kistenfabrik.
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Ungeklärte Abwasser, die vom Hochofen in die Trave geleitet wurden, verursachen ein
größeres Fischsterben in der Trave (1934 bis 1937 zahlt das Hochofenwerk freiwillig
Entschädigungen in Höhe von ca. 60.000 RM).
1919
Die „Lübecker Kreidewerke Heyne & Co“ werden gegründet. Sie importiert ihrer Kreide
aus Dänemark und schlämmt sie hier in Schlutup.
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Der Bremer Kaufmann Luis Krages gründet in Schlutup einen Holzgroßhandel (später
unter „Gebrüder Krages GmbH“ bekannt und muss Ende 1985 aus wirtschaftlichen Gründen
schließen).
1920
Am 13.2. erhalten die Schlutuper Fischer Erlaubnis, ihre an Sonn- und Feiertage
gefangenen Fische am selben Tag verkaufen zu dürfen.
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Am 19.2. gründen die Küstenfischer und Fischhändler den „Fischinteressenverband
Lübeck-Schlutup e.V.“, der sich die Förderung eines Zentral-Fischmarkts in Lübeck zum Ziel
gesetzt hat (wird 1964 gelöscht).
1921
In Schlutup setzt die Siedlungsbewegung ein (bis 1929 entstanden im Palinger Weg,
Tannenschlag, Lauer Weg 66 Siedlungshäuser).
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Die in der Schlutuper Fischindustrie Beschäftigten treten in einen Streik, um einheitliche
Rahmentarife für das Landesweite Fischgewebe zu erzielen. Für Schlutup wird eine örtliche
Einigung erzielt.
1924
Das Indusriegelände an der Trave wird durch Straßen erschlossen (wichtigster
Verkehrsweg ist die Fabrikstraße).
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Am 26.4. wird der „Lichtverein Schlutup“ gegründet, um die Versorgung der
Neubausiedlung mit elektrischen Strom sicher zu stellen. 1930 übernehmen die Städtischen
Betriebe die Versorgung.
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Am 21.12. wird eine Kraftpost-Busverbindung zwischen Schlutup und Dassow
eingerichtet. Wegen geringer Nachfrage gibt es nur eine Fahrt pro Tag.
1925
Die Fischkonservenfabrik Wilhelm Krakow wird unter dem Markenzeichen
„Leckermäulchen“ gegründet (Konkurs 1973 mit etwa 200 Arbeitsplätzen).
1926
Die Kaimauer wird um 80 m verlängert und die Zufahrt gepflastert.
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Die Fischindustrie erbaut aus eigenen Mitteln einen Schuppen zum Löschen der
Fischdampfer.
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Am 12.9. wird am Kranzberg das Ehrenmal für die Gefallenen der 1. Weltkrieges
eingeweiht.
1927
Räuchereibesitzer vergeben das Fisch-Schneiden als Heimarbeit. Da diese Arbeit neben
Schweinen im Stall oder schmutzigen Waschküchen verrichtet wurde, ergeht eine
Beschwerde beim Gesundheitsamt. Die Polizei bestätigt den Sachverhalt, doch der
Gewerberat schreitet nicht ein.
1928
Eine elektrisch betriebene Feuermeldeanlage mit 3 öffentlichen Straßenfeuermeldern wird
in Betrieb genommen.
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Eine selbständige Zollstelle mit 4 Beamten wird im Untertravebereich eingerichtet.
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Rund 50 Schlutuper Betriebe verarbeiteten 25 Millionen Pfund Heringe im Werte von ca.
3,5 Millionen Mark.
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Schlutup hat seinen ersten Umweltskandal; die Fischmehlfabrik (1894 gegründet) hat
verbotenerweise hochgiftige Abfälle auf Schlutups Schuttkuhle verbracht.
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Der Turn- und Sportverein zählt derzeit 170 Mitglieder, darunter 22 Jugendliche.
1929
Weiterer Ausbau des Fischereihafens
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Am 13.4. wird Schlutup an das Lübecker Fernsprechnetz angeschlossen, dadurch wird
erstmals der Selbstwählbetrieb möglich.
1931
Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichtes in Berufung gegen das Urteil der II.
Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 17.3.1919:
5 Schlutuper Fischer klagten gegen Oldenburger Fischer aufgrund eines Vorfalles von 1912,
wegen Fischereirechte der oldenburgischen Fischer in der Neustädter Bucht.
1933
Es gibt 37 Fischer im Ort. Die meisten von ihnen betreiben eine Kleinfischerei. Nur jeder
dritte Fischer verfügt über ein Motorgetriebenes Boot.
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Auf einem Areal im Wesloer Forst entstehen in den folgenden Jahren die Waffen- und
Munitionswerdeke (1948 gehen die DWM in die Industriewerke Karlsruhe über).
Ganz in der Nähe breitet sich ein weiterer Rüstungsbetrieb aus, die Maschinen für
Massenverpackung GmbH (IWK). Beide Rüsctungsbetriebe sind durch Gras- und
Baumbewuchs getarnt und werden während des Krieges von den Alliierten nicht entdeckt.
1939
In mehr als 100 Einzelgebäuden der Deutschen Waffen- und Munitionswerke sind mehr
als 2600 Mitarbeiter beschäftigt.
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Im Siedlungsgebiet von Schlutup werden derzeit 183 Häuser gezählt mit 1034
Einwohnern.
1941
Die Schlutuper Fischindustrie zählt auf ihrem Höhepunkt 8 Großbetriebe, 12 Mittelbetriebe
und 18 Kleinbetriebe. Sie verarbeiten in 300 Räucheröfen und 600 Bratherden jährlich ca.
35 Millionen kg Hering, der überwiegend aus Schweden angeliefert wird. 10 Schutzmarken sind
eingetragen. 75% der deutschen Bratheringskonserven kommen aus Schlutup.
1945
Etwa 10 Baracken (Travelager) werden an der Mecklenburger Straße errichtet, die den
einsetzenden Flüchtlingsstrom aufnehmen sollen. Weitere Flüchtlinge werden auch in dem
Getreidesilo der Firma Brüggen unter menschenunwürdigen Zuständen untergebracht.
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Durch die Zonengrenzziehung gehen der Schlutuper Fischindustrie Hauptabsatzgebiete im
Osten verloren.
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Der kleine Fischverarbeitungsbetrieb Gerhard Czieslick mit dem Markenzeichen
„Meeressegen“ wird gegründet (1973 stellt der Inhaber die Produktion aus Altersgründen
ein).
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Am 28.10. wird auf eine britische Militärstreife ein bewaffneter Überfall verübt. Nach einer
daraufhin verschärften Ausgangssperre dürfen die Schlutuper ihre Wohnungen eine Woche
lang nur in der Zeit von 10 bis 13 Uhr verlassen.
1947
Es werden bereits wieder 18 000 t Heringe in der Schlutuper Fischindustrie verarbeitet.
Wert ca. 14,5 Millionen RM.
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In das Wasserbuch sind 20 Schlutuper Fischer Rechte eingetragen.
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Die Schlutuper Fischer halten zum ersten Mal nach dem Krieg ihren traditionellen jährlich
stattfindenden Krugtag ab
1948
Die Schlutuper Fischindustrie verarbeitet derzeit 22 400 t Rohware.
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Im Industriegelände entsteht die erste private Schule in der Bundesrepublik zur Förderung
des naturwissenschaftlichen Nachwuchses, die Physikalisch-Technische Lehranstalt (bis
1962).
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Die Lackfabrik Werner Struck etabliert sich in Schlutup (bis 1992).
1949
Schlutup bekommt ein erstes Kino, die Filmbühne Lübeck-Schlutup (bis 1961).